Der Umgang mit schwierigen Zeiten: Jenseits von Planung und Steuerung

Planen und steuern war das jahrzehntelange Credo für Geschäftsführer:innen und Unternehmenskapitäne. Es werden Annahmen über die Zukunft getroffen, die werden in Zahlen und Maßnahmen gegossen. Die Führungskräfte legen die Ziele fest und versuchen den Rest der Mannschaft ins Boot zu bringen. Die Mannschaft marschiert dann hoffentlich und die To-dos werden sorgfältig abgearbeitet. Und wenn sich an den Planungsprämissen etwas ändert? Dann wird im besten Fall neu geplant. Das ist die klassische Trennung von Denken und Handeln, von Planung und Exekutive.

 

Dieses Prinzip funktioniert gut in stabilen Märkten. Die Frage ist nur: Wo gibt es noch stabile Märkte?

 

Die Veränderungen, mit denen wir gegenwärtig konfrontiert sind, kommen entweder unerwartet um die Ecke (Corona, Ukraine …) oder sind zwar absehbar, aber die Auswirkungen sind dramatisch (z. B. Arbeitskräftemangel). Die klassische Planung funktioniert immer weniger. Wir müssen uns mehr und mehr auf Dinge, die auf uns zukommen, vorbereiten, obwohl wir nicht wissen, was es sein wird.

 

Eine Analogie aus der Natur:

 

Stellen Sie sich einmal vor, Sie müssten bei jedem Schritt, den Sie mit ihren Füßen setzen, darüber nachdenken, wo Sie ihn hinsetzen, um nicht zu stolpern, wie Sie den Fuß dabei am Boden aufstellen, um nicht umzuknicken und wie es danach weitergehen könnte. Das ist schwer vorstellbar! Oder? Damit das nicht passiert, ist unser Körper mit einer Unzahl an Rezeptoren ausgestattet, die dem Gehirn zum Beispiel die exakte Position unserer Gelenke und Extremitäten melden. Daraus produziert unser Gehirn ein dreidimensionales Bild unseres Körpers und seiner Position in der Umwelt. Dadurch wird es möglich, dass wir uns zügig, ohne nachzudenken, durch die Welt bewegen können und automatisch auf Störungen reagieren können. Dieses System wir als propriozeptives System bezeichnet. Das Gehirn wäre ohne das propriozeptive System schlicht überfordert und zu langsam.

 

So wie unser Körper ein propriozeptives System braucht, um überleben zu können, braucht unser Unternehmen so etwas wie ein propriozeptives System. Die Trennung aus Denken und Handeln macht unser Unternehmen zu langsam und anfällig.

 

Wenn wir uns auf eine ungewisse Zukunft vorbereiten wollen, dann brauchen wir die Augen, die Ohren und Gehirne der operativ tätigen Mitarbeiter:innen als Rezeptoren. Die Trennung aus Denken und Handeln löst sich damit mehr und mehr auf. Das erhöht die Reaktionsgeschwindigkeit. Veränderungen werden schneller wahrgenommen, Sie können schneller reagieren.

 

Schmeißen wir nun unsere Pläne über Bord?

 

Nicht ganz. Aber Pläne werden mehr und mehr durch Testballons oder Experimente ersetzt. Die Devise lautet nicht mehr: „Wir haben entschieden, diese neue Produktgruppe einzuführen“, sondern: „Lasst und doch versuchen, diese neue Produktgruppe einzuführen. Lasst uns schauen, ob das funktioniert und wie wir das finanzielle Risiko in Grenzen halten können!“.

 

Natürlich braucht es dafür auch Planung und Budgets, oder haben Sie schon einmal versucht, ohne Plan von Ihrer Bank Geld zu bekommen?

 

Sie müssen wissen, wie sich Ihr neues Projekt auf Ihren Cash-Flow auswirken wird, vor allem wenn es nicht funktioniert. Natürlich müssen Sie Ihre Zahlen kennen. Denn: Wer seine Zahlen nicht kennt, kennt sein Geschäft nicht.

 

 

In Anlehnung an Dwight D. Eisenhower wird die Devise also lauten: Ein Plan ist nichts, planen ist alles. Dabei ersetzen wir den Plan durch Experimente und ein wenig Rechnen.


Eine Frage der Robustheit

 

Welche Experimente können Sie durchführen, damit Sie sich fit für Unerwartetes machen?